Berlin

Berlin Kaltort 2016

Ort: Berlin
Bevölkerung: ca. 3,5 Millionen Einwohner*innen
Selbstbezeichnung: „Bärlin“, „Stadt der Vielfalt“

Nominiert weil:
Berlin – die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten, ein Paradis für alle, die sich täglich neu erfinden wollen, oder? Sicherlich ist Berlin für viele Menschen einer der netteren Orte in #Kaltland. Doch auch Berlin ist in Deutschland und oft für mehr Leute als im ersten Moment sichtbar ein kalter Ort. Damit die zahlreichen rassistischen Angriffe, die es auch dort gab, nicht untergehen, an dieser Stelle eine Auswahl: Der Chronik der Amadeu Antonio Stiftung folgend gab es in Berlin in diesem Jahr insgesamt 82 Angriffe auf Unterkünfte für Geflüchtete und Einzelpersonen, ein Schwerpunkt dieser Angriffe war Marzahn-Hellersdorf. Über den Zaun der Unterkunft am Glambecker Ring haben in der Nacht zum 18.08. Unbekannte einen Schweinekopf geworfen. Daran befestigt war laut Polizei ein Zettel mit der Aufschrift „Ganz Marzahn hasst euch Schmarotzer“. Doch Marzahn ist nicht der einzige Dreckskiez – Am 8.8.2016 gab es einen versuchten Brandanschlag auf eine Unterkunft in Adlershof, es wurde Pyrotechnik durch ein geöffnetes Fenster geworfen. Zum Zeitpunkt der Tat befand sich ein 17-jähriger Bewohner in dem Raum, der zum Glück unverletzt blieb. Auch die ach so verängstigten „besorgten Bürger*innen“ der Stadt sind in diesem Jahr weiter aktiv gewesen, beispielsweise in Altglienicke. Sie bedienten sich unterschiedlicher Aktionsformen, um ihren Protest gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete auszudrücken, u.a. regelmäßig stattfindende Demonstrationen seit Mai 2016, einer Eilklage gegen die Unterkunft oder auch eine versuchte Brandstiftung. Unterstützt wurde das Ganze von der CDU Angeordneten Katrin Vogel und zeigt deutlich: Diese Ängste sind Rassismus!
In Berlin konnte sich in diesem Jahr eine rassistisch-völkische Bewegung weiter etablieren. Die AfD schaffte den Einzug ins Abgeordnetenhaus und kann damit als parlamentarischer Arm des Mobs wirken. Außerdem gab es mehrere Demos unter dem Titel „Merkel muss weg“, zum ersten Mal am 12. März mit der Zahl von ca. 2500 Teilnehmer*innen. Hinter dem Label „Wir für Berlin & Wir für Deutschland“ verbirgt sich ein Spektrum unterschiedlicher neonazistischer, rassistischer Gruppen, u.a. Bärgida, Neonazi Kameradschaften und die „Identitäre Bewegung“. Die „Identitäre Bewegung“, die bisher eher durch ihre Aktivitäten im Netz bekannt war, trat zunehmend offen in Erscheinung, u.a. in Form einer Transparent-Aktion am Brandenburger Tor am 27.08.2016 oder auch der Besetzung der CDU Zentrale am 21.12. in Reaktion auf den Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt.
In ganz Berlin sind also Nazis und Rassist*innen aktiv – nicht nur in Randbezirken. In den letzten Wochen kam es nun auch in Nord-Neukölln zu mehreren Angriffen auf linke Orte, u.a. das Kfetisch und Wohnung von Einzelpersonen.

Fazit: Berlin gibt sich nach außen weltoffen und antirassistisch, die unzähligen Beispiele von Angriffen zeigen jedoch eine andere Realität und offenbaren einen rassistischen Alltag auch hier. Antifaschistischer Widerstand ist und bleibt Handarbeit – in Marzahn, Neukölln und all den anderen Kiezen!